Förderer
des Tourismus
in Erfurt

Gemeinsame Stellungnahme vom 20.07.2011

City Management Erfurt e.V. / Wir für Erfurt e.V. / Tourismusverein Erfurt e.V.

Die o.g. Erfurter Vereine haben am 3. Workeshop zur Fortschreibung des Verkehrsentwicklungsplanes für die Innenstadt  Erfurts teilgenommen und sich intensiv mit den in diesem Planentwurf vorgeschlagenen strategischen Leitlinien auseinandergesetzt. Der Aufforderung des Amtes für Stadtentwicklung und des Planverfassers folgend geben wir  folgende gemeinsame Stellungnahme ab.

Mit dieser Stellungnahme werden die Interessen des größten Teiles der Erfurter Innenstadthändler, Gastronomen  und des Tourismusgewerbes wahrgenommen und ein wichtiges Thema der Stadtentwicklung weiter untersetzt. Unsere Stellungnahme folgt der Intention des vorliegenden Entwurfs, zunächst die strategischen Grundzüge  zu bewerten. Alle drei Vereine haben jedoch zu den konkreten Folgemaßnahmen  Meinungen und Vorschläge, die wir im  weiteren Verlauf des Verfahrens vorbringen wollen. Wir gehen deshalb davon aus, dass wir auch weiterhin eng in den weiteren Fortgang des Verfahrens eingebunden werden. Wir erwarten ein offenes Verfahren und sind der Auffassung, daß eine solche Fortschreibung ohne die Mitwirkung der Vereine undenkbar ist.

Wir sind auch der Auffassung, dass alle Maßnahmen zur Neuordnung des Verkehrs der  weiteren erfolgreichen wirtschaftlichen Entwicklung und Belebung der Innenstadt  unterzuordnen sind. Die wirtschaftliche Kraft der Innenstadt und die Sicherung ihrer Urbanität sind die Voraussetzungen für den Erhalt der Jobmaschine Innenstadt  mit ihren rd. 40 000 Arbeitsplätzen und für das weitere Anwachsen des Tourismus. Mit dieser Priorisierung unterstützen wir verkehrseinschränkende Maßnahmen und Neuordnungen, sofern diese nachweislich dem zuvor genannten Ziel dienen.

Die Vereine  befürworten die Fortschreibung des Verkehrsentwicklungsplanes Innenstadt. Wir sprechen uns deshalb ausdrücklich für die Errichtung der sog. Blauen Zone aus und schlagen vor, dass diese zu einem Kernstück des Außenmarketings der Stadt gemacht wird. Wir möchten, dass die Blaue Zone zu einem aktiv beworbenen Markenzeichen für Aufenthaltsqualität und Urbanität der Stadt Erfurt wird.  Hierzu erwarten wir zu gegebener Zeit ein überzeugendes Konzept der Beschilderung und Bewerbung.

Wir halten ein Miteinander der Verkehrsarten in der Blauen Zone im Sinne des Konzeptes für möglich, erwarten aber eine intensive Information und Aufklärung im Innenverhältnis der Stadt Erfurt. Daraus ergeben sich deutlich höhere Anforderungen an die Verwaltung bezüglich ihrer Öffentlichkeitsarbeit und eine massive Einbeziehung der Medien in diesen Prozess. Wir gehen durchaus von einer längeren Gewöhnungszeit der  Erfurter und ihrer Besucher an die neuen Regelungen und das Miteinander der Verkehrsarten aus. Insofern warnen wir nach der Umsetzung der verkehrsorganisatorischen Maßnahmen vor kurzatmigen  Schlußfolgerungen und Entscheidungen.

Die Verwirklichung der Blauen Zone ist, aus unserer Sicht, an Randbedingungen geknüpft, deren konsequente und rasche Umsetzung unabdingbar ist.

  • Wir unterstützen das Prinzip,  das Innere der Blauen Zone ausschließlich dem KFZ-Verkehr der Anwohner zu überlassen und den Fremdverkehr an den Randbereich der Blauen Zone zu verweisen. Damit wird das Wohnen in der Innenstadt, dessen Qualität  fast ein Alleinstellungsmerkmal Erfurts unter den deutschen Großstädten ist, wesentlich befördert. Wir stimmen der Umwidmung des Rathausparkplatzes in einen reinen Anwohnerparkplatz zu und fordern, das Parken auf der Rathausbrücke unverzüglich und gänzlich zu verbieten. Daß dies trotz eindeutigen Stadtratsvotums nicht umsetzbar sein soll, ist blamabel. Wer ein solches Detail nicht zu lösen vermag, ist für die Blaue Zone nicht reif.
  • Für die Umsetzung der Blauen Zone ist aus unserer Sicht eine massive Erhöhung der Parkkapazität am Rand der Blauen Zone  unabdingbar. Wir sind der Auffassung,  dass der stadtökologische Gewinn der Blauen Zone und der Zuwachs an Urbanität ungleich gewichtiger sind als die Belastung der  Innenstadtrandstraßen durch den Verkehr in die zusätzlichen Parkhäuser. Als Vorzugsbereich für neue Parkhäuser sehen wir den Rücken des Angers. Wir erwarten eine erhebliche Erhöhung der Parkkapazität in der Entwicklung neuer Parkhausstandorte am Hirschgarten (Neuwerkstraße), Mühlgasse/Hirschlachufer, Reglermauer, Anger 7/Centrum sowie ggf. im Andreasviertel. Hier sind rasche und umsetzbare Verwaltungsentscheidungen notwendig. Ohne sie ist eine Blaue Zone, vor allem wegen der zu erwartenden Umsatzeinbußen, nicht verantwortbar.
  • Die Wiederherstellung des Zellenprinzips halten wir für einen Prozeß, der wesentlich von den Erfahrungen bestimmt werden wird. Die Kappung von Durchfahrten sollte deshalb schrittweise erfolgen und bei Ausbleiben von erwarteten Verkehrszustandsverbesserungen auch rückgängig gemacht werden können. In diesem Sinne sollte aus unserer Sicht die Sperrung der Meister Eckart-Straße und die Sperrung des Domplatzes im vorgeschlagenen Sinne erprobt werden. Darin eingeschlossen ist die Befahrung der Domstraße in beiden Richtungen. Für nicht sinnvoll halten wir dagegen die Sperrung der Holzheienstraße/Theaterplatz/Lauentorstraße/Andreasstraße und schlagen vor, auf diese Sperrung zu verzichten. In Erfurt fehlt eine westliche Randstraße an die Innenstadt in der Qualität des Juri-Gagarin-Ringes. Die Sperrung würde diesen Mangel verstärken.
  • Die Innenstadthotels und der Kaisersaal sind ein wesentlicher touristischer und auch sozialer Faktor für die Innenstadt. Ihre Innenstadtlage bringt indes eine relativ komplizierte Erreichbarkeit mit sich. Deshalb ist unsere Forderung, mindestens eine gut befahrbare Route für das Anfahren uneingeschränkt offen zu halten, die auch an die Kunden extern und intern kommuniziert werden kann.
  • Der  fortgeschrieben Verkehrsentwicklungsplan muß mindestens eine Verbesserung, wenn nicht sogar eine Lösung des Busproblems der touristischen Besucher der Innenstadt enthalten. Die Busproblematik ist ein Kernstück des Erfurter Tourismus.
  • Wir unterstützen uneingeschränkt eine Neuordnung des Lieferverkehrs in der Blauen Zone. Die Beschränkung  des Lieferverkehrs auf vorgeschriebene Lieferzeiten und die Abschaffung jeglicher bzw. nahezu aller Sondergenehmigungen ist aus unserer Sicht sofort umsetzbar. Damit sollten zugleich der von den Innenstadthändlern geforderte Bürokratieabbau und eine finanzielle Entlastung verbunden sein. Statt hohe Gebühren für die zeitlich stark einzuschränkende Belieferung in der Innenstadt zu fordern, sollte seitens der Verwaltung ein erhebliches Mehr an systematischen Kontrollen erfolgen. Einnahmeverluste können damit mehr als kompensiert und die Ordnungsmaßnahmen wirkungsvoll unterstützt werden.
  • Wie in vielen anderen Großstädten auch, sollte die Verkehrsorganisation der Blauen Zone durch ein System von versenkbaren Pollern untersetzt werden. Hier lassen wir das Argument des finanziellen Aufwandes nicht gelten, weil mit dieser Maßnahme eine zweifelsfreie Verkehrsorganisation mit großer Nachhaltigkeit entsteht.
  • Wir fordern, das Konzept für den Fahrradverkehr unter dem Aspekt der Prioritäten und Quantitäten noch einmal zu überdenken. Es ist doch einfach widersinnig, z.B. angesichts der großen Fußgängerströme  vor dem Haupteingang des Anger 1 über eine gesonderte Trassenführung für Radfahrer genau dort auch nur nachzudenken. Überhaupt sollte die Unterordnung des Fahrradverkehrs in den Fußgängerzonen zugunsten des Fußgängerverkehrs selbstverständlich sein. Hier geht es um die Aufenthaltsqualität und nicht vorrangig um die Ökologie der  Verkehrsmittel in einem ohnehin kraftfahrzeugfreien Stadtraum. Die hohe Qualität der Erfurter Stadtbahn ist ohnehin ein dämpfender Faktor für den Fahrradverkehr in der Innenstadt.
  • Als Grundvoraussetzung für das Funktionieren der Blauen Zone sehen wir eine intensive und nachhaltige Kontrolle durch das Ordnungsamt. Die gegenwärtige Situation kommt einer Bankrotterklärung der Stadtverwaltung gleich. Wenn die Stadtverwaltung einen „Quantensprung“ (Prof. Schäfer im 3.Workeshop) erwartet, muss  der Einsatz ihrer Ordnungskräfte die Umsetzung dieses Konzeptes sicherstellen. Es ist wenig vernünftig, Parkkontrollen in Stadtrandlagen durchzuführen und gleichzeitig die Innenstadt, also die Blaue Zone, sich selbst zu überlassen. Es ist ebenso wenig verständlich, warum die Stadt in der Lage ist, zwar den ruhenden Verkehr, nicht aber den „rasenden“  Verkehr, z.B. auf dem Anger, zu kontrollieren und zu ahnden.
  • Die Elektromobilität wird vor dem Hintergrund der gegenwärtigen Bundes- und Landespolitik  in wenigen Jahren eine bedeutende Rolle, insbesondere im Stadtverkehr, spielen. Dies betrifft nicht nur den PKW-Verkehr, sondern auch Fahrradfahrer und Fußgänger (es gibt  bereits Nutzungen für Touristengruppen). Hier muss die Stadt Erfurt ein geeignetes Konzept vorlegen, welches unterschiedliche Geschwindigkeiten in der Blauen Zone ermöglicht und Angebote zur Energieversorgung bereitstellt.

RA Heinz-Jochen Spilker / City Management Erfurt e.V.
Gudrun Gießler / Wir für Erfurt e.V.
Karl-Heinz Kindervater
/ Tourismusverein Erfurt e.V.

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